Das berühmteste und wichtigste Orakelheiligtum im antikem Griechenland. Delphi liegt in einem Hochtal am Südabhang des Parnassos. In seinem Hauptheiligtum, dem Tempel des Apollo, befand sich der „Nabel der Welt”, gekennzeichnet durch einen Omphalos (nabelförmiger Stein).
Delphi ist seit frühester Zeit besiedelt, wenigstens ab dem 2. Jahrtausend gab es hier Kulte zu Ehren chtonischer Gottheiten. Spätestens im achten Jahrhundert gelangte der Kult des Apollo hierher.
Gemeingriechische Anerkennung fand das Orakel im 7. Jahrhundert, um Delphi bildete sich der Amphiktyonische Bund, der den Anspruch vertrat, für alle griechischen Staaten zu sprechen. Seit 582 v. verantwortete der Rat des Bundes die Durchführung der Pythnien.
Diese Spiele hatten zunächst alle acht Jahre stattgefunden, unter der Amphiktyonie ging man zum vierjährigem Rhythmus über. Zu den bislang veranstalteten Wettbewerben in Musik, Theater, Gesang und Rezitation traten athletische Wettkämpfe und Wagenrennen, dem Sieger zeichnete man mit einem Lorbeerkranz aus, da dem Gott Apollo, der den Spielen vorstand, der Lorbeerbaum geheiligt war.
Die Orakelstätte war befriedetes Gebiet, Übertretungen wurden sogar mit Krieg geahndet. Als die Stadt Krisa von den Besuchern des Orakels Zoll verlangte, rüsteten Athen,Thessalien und Sikyon zur ersten dieser „Heiliger Krieg” genannten Unternahmung. Ein anderes Mal hatten Mitte des 5. Jahrhunderts die Phoker Delphi besetzt, zum dritten heiligen Krieg kam es 356v., als den Phokern vorgeworfen wurde, sie hätten geheiligtes Land bebaut. Dieser Krieg zog sich über zehn Jahre hin und die Wirren gaben demMakedonienkönig Philipp II. Gelegenheit, seinem Reich die Vormacht über Griechenland zu verschaffen.
Im Rahmen dieser Auseinandersetzungen war es zur ersten Plünderung des delphischen Heiligtums gekommen, nachdem früher die Perser bei ihrem Vorstoß nach Griechenland nur leichte Zerstörungen am Orakel hinterlassen hatten.
Später (279 v.) versetzten eindringende Gallier Delphi in Unruhe. Diese vonBrennus geführten Kelten konnten aber zurückgeschlagen werden, wie es heißt dank der Hilfe des in schreckenerregender Gestalt erscheinenden Hyperborees Hamadocus nebst dem Hyperochus. Gewarnt hatte vor dem bevorstehenden Angriff der Geist des Pyrrhus, der in Delphi begraben war.
Schwerer wog die Eroberung Delphis durch dieRömer (nach 88v.), die unter Sulla die Tempelschätze vieler griechischer Kultstätten raubten und nach Rom brachten.
In der Spätantike wurde Delphi von germanischen Stämmen geplündert (3. Jh.), ehe der zum Christentum übergetretene römische Kaiser Theodosius I. alle heidnischen Kulte und damit auch den von Delphi verbot.
Ein alter Tempel, der aber nicht der älteste sein muß, brannte 548 v. Chr. nieder, unter Leitung der Alkmaioniden, einem Adelsgeschlecht, das kurzeitig von Peisistratos aus Athen verbannt worden war, wurde er aber wieder aufgebaut. Ihm folgte 373 v. ein weiterer Tempelbau, der bis ins 4. Jh. stand und erst im Rahmen des allgemeinen Verbots heidnischer Kulte im nunmehr staatschristlichem Rom geschlossen wurde.
Seit 1880 vorgenommene Ausgrabungen erbrachten die Überreste des
Apollontempel, dessen Unterbau 60 x 21 Meter mißt. Neben Altaren des Poseidon und der
Hestia fand sich eine Stätte, die ehedem als Grab
des Gottes Dionysos angesehen wurde.
Es fanden sich auch
rund zwanzig Schatzhäuser, worin die griechischen Städte, aber auch fremde
Herrscher wie Gyges und Kroisos oder die Stadt Rom gesandte Gaben unterbrachten. Diese
Schatzhäuser standen entlang eines Weges, der von der heiligen Quelle Kastilia, worin sich Bittsteller vor ihrer
Orakelbefragung reinigten, zur Tempelanlage führte.
Neben einem Tempel der Athena Pronaia wurden auch das Theater und das Stadion gefunden, dazu viele Kunstgegenstände, von denen ein bronzener Wagenlenker eines der bedeutensten ist. Gefunden wurden auch zwei Steine, welche jenen „Nabel der Welt” Omphalos darstellen könnten.
Berühmt ist Delphi besonders wegen des Orakels.
Die lange vor ihm genutzte Kultstätte
eroberte Aplllo kurz nach seiner Geburt, indem er mit seinen
Pfeilen den Drachen Python erlegte. In Gedenken an diese Tat siftete Apollo die
pythischen Spiele , wobei der Siegespreis zunächst
ein Kranz von Eichenlaub war, da es zu jener Zeit noch
keinen Lorbeer gegeben habe ( OVID, Methamorphosen I,445ff.).
Der Fragende vollzog Riten der Reinigung und ließ dem Apollon opfern, dann übergab er sein Anliegen einem Apollonpriester, der es an das Medium übermittelte. Diese Pythia verfiel in Trance und durch sie sprach dann die Gottheit ihre Antwort.
Den oft zweideutigen Prophezeiungen wurde große Bedeutung beigemessen, befragt wurde das Orakel beispielsweise vor Feldzügen oder Gründungen neuer Kolonien. Viele Orakelsprüche wurden bekannt.
Ödipus führte eine Fehlinterpretation in die Irre. Ihm war geweissagt, er werde seinen Vater töten und seine Mutter ehelichen. Sofort verließ er seine Heimat. Weil er aber nicht wußte, daß er ein Findelkind war, hatte er damit nur seine Zieheltern verlassen und gelangte ausgerechnet in die Stadt seiner leiblichen Eltern, wo das Schicksal, dem er zu entrinnen hoffte, unerbittlich zuschlug.
König Kroisos fragte nach dem Ausgang des von ihm geplanten Krieges gegen Kyros. Die Pythia orakelte, ein großes Reich werde versinken, wenn er den Grenzfluß Halys überquere. Kroisos blies wohlgemut zum Angriff, doch war zu seinem Pech sein eigenes Reich gemeint.
Quellen, soweit
nicht gesondert angegeben:
Der geschichtliche Abriß weitgehend Michael Avi Yonah, Israel Shatzman: Mythologisches
Lexikon